Die biologische Ungerechtigkeit: Wieso haben Frauen schlechtere Zähne als Männer?
Als Zahnärztin freue ich mich über jede/n Patient/in, der/die mit gesunden Zähnen in meine Praxis kommt. Und dies insbesondere bei Frauen, weil sie die Last des "kleinen Unterschiedes" in der Zahngesundheit ihr ganzes Leben begleitet. Laut Ergebnissen des Marktforschungsinstitutes YouGov ist, für 74% der Frauen, Zahnpflege und Mundhygiene wichtig, bei Männern sind es nur 59%. 41% der Frauen ist Mundhygiene sogar sehr wichtig, dagegen nur 24% der Männer. Fest steht: Frauen leben generell gesundheitsbewusster – rauchen und trinken weniger und bewegen sich mehr – kommen viel häufiger zu mir in die Praxis zur Vorsorge und widmen ihrer Zahnpflege viel mehr Aufmerksamkeit und Zeit.
Dennoch ist das weibliche Gebiss oft in einem schlechteren Zustand als das von Männern. Meine Erfahrungen aus der Praxis bestätigen: Probleme mit Zähnen sind für viele Frauen ein lästiges Dauerthema.
In vielen Gesundheitsbereichen erweisen sich die Frauen durchaus als das stärkere Geschlecht: weibliche Kleinkinder sind seltener krank, Frauen leiden nur halb so häufig an chronischen Krankheiten.
Nur in einem Bereich sind Frauen wirklich das "schwache Geschlecht", nämlich, wenn es um Zahngesundheit geht. Die Ursache liegt jedoch in den seltensten Fällen im Lebenswandel als vielmehr in der weiblichen Biologie. Beim Thema Zahngesundheit wird eine naturgegebene Benachteiligung der Frau offensichtlich. Diese Erkenntnis ist noch nicht so lange in den Köpfen von Wissenschaftlern und Zahnmedizinern, obwohl rund 50 internationale Studien der letzten 30 Jahren auf dieses Gender-Gap hinweisen.
Gender-Gap in der Zahngesundheit
Männer sind nachlässiger in der Mundhygiene, gehen seltener zum Zahnarzt und haben mehr Plaque. Daher leiden sie signifikant häufiger an entzündlichen Zahnfleischerkrankungen. Aber obwohl Frauen eine deutlich bessere Zahnhygiene praktizieren, haben sie keine besseren Zähne und leiden deutlich stärker unter Zahnverlust. Bereits 20-jährige Frauen besitzen durchschnittlich einen Zahn weniger als Männer in diesem Alter. Diese Divergenzen sind ein internationales Phänomen. Das dokumentieren Studien aus europäischen Ländern, den USA und sogenannten Entwicklungsländern.
In punkto Zahngesundheit geraten junge Mädchen zwischen 14 und 15 Jahren bereits ins Hintertreffen, ausgelöst durch die Pubertät. Dieses biologische Nachsehen nimmt über die Lebensjahre signifikant zu. Der DMF-T-Index zeigt, dass Frauen zwischen 35 und 44 Jahren 15,1 kariöse Zähne haben, Männer hingegen nur 14. Zudem müssen bei Frauen häufiger Zähne gezogen werden als beim Mann. Tendenziell haben Frauen weniger Zähne als Männer. Im Alter zwischen 65 bis 74 zeigt sich dann das wahre Ausmass der für uns Frauen ungünstigen Situation mit häufigerer Zahnlosigkeit. (Der Mittelwert der fehlenden Zähne liegt in diesem Alter bei 13,3 bei Männern, bei Frauen beträgt er fast 15).
Das hat Ursachen, die mit Mundhygiene alleine nicht erklärbar sind. Offensichtlich liegt die Schwäche der Zähne bei uns Frauen im Hormonhaushalt. Es beginnt schon bei der Reife der bleibenden Zähne. Frauenzähne sind einem kariesverursachenden Milieu im Mund dadurch länger ausgesetzt. Bei Frauen verändert sich, hormonell bedingt, während der Pubertät die Speichelzusammensetzung: die Karies Schutzwirkung ist geringer als bei Männern.
Hormonelle Schwankungen gehen auf die Zähne
Im Zahnfleisch von Frauen befinden sich Rezeptoren für Progesteron und Östrogene. Eine ständige Wechselbeziehung zwischen hormonellen Schwankungen kann daher eine direkte Auswirkung auf das Zahn Milieu haben.
An dem Volksmund "eine Schwangerschaft kostet einen Zahn" scheint mehr dran zu sein, als Frauen lieb sein kann. Darauf weist eine Studie der Yale University aus dem Jahr 2008 hin: Pro Geburt war ein Zahn weniger vorhanden – und dies unabhängig von psychosozialen Faktoren oder Zahnpflege. Die möglichen Gründe sind vielfältig: Zum einen wird in der Schwangerschaft die Immunabwehr heruntergefahren und das Bindegewebe wird gelockert und vermehrt durchblutet. Sehr häufig weist in der Schwangerschaft das Zahnfleisch entzündliche Veränderungen auf (Gingivitis) und eine bestehende Parodontitis wird verstärkt. Der erhöhte Blutzuckerspiegel steigert zudem die Entzündungsbereitschaft.
Frauen, die eine Schwangerschaft planen und wünschen, sollten besonders auf ihre Zahngesundheit bedacht sein, da einige zahnärztliche Behandlungen zum Wohl des Kindes nicht während einer Schwangerschaft vorgenommen werden können. Präventiv zu handeln scheint umso wichtiger vor dem Hintergrund der Studie des International Association for Dental Research in Washington D.C.: Bei parodontal-gesunden Frauen kam es bei 7,2% der Schwangerschaften zu einer Geburt vor der 35. Schwangerschaftswoche, bei parodontal-erkrankten Frauen hingegen bei 23,4%. Auch wenn die kausalen Zusammenhänge nicht geklärt werden konnten, sind diese Zahlen bedenklich.
Wechseljahre – anstrengende Zeiten auch für die Zähne
Der Umstand, dass sich bei Frauen Hormonrezeptoren im Zahnfleisch befinden, lassen die Wechseljahre auch zu turbulenten Zeiten für Zahngesundheit und Zahnbestand werden. Oberflächliche Zahnfleischentzündungen können der Mundgesundheit gehörig zusetzen. Ab dem 40. Lebensjahr ist Parodontitis eine Hauptursache für Zahnverlust. Ich konnte jedoch auch beobachten, dass sich Zähne, die sich in einem desolaten und wackeligen Zustand befanden, durch eine geeignete parodontale Therapie wieder gefestigt haben. Dennoch bleiben die Wechseljahre der Frau eine kritische Zeit für ihre Zahngesundheit und ihren Zahnerhalt.
Leider wird es danach auch nicht wirklich besser: denn der geringere Hormonbestand im Körper wirkt sich negativ auf die Knochensubstanz und so auch auf die Zähne aus. Mundtrockenheit reduziert die natürliche Schutz- und Remineralisierung-Funktion des Speichels und begünstigt das Entstehen von Karies.
Es gibt noch viele weitere genderspezifische Faktoren, diese aufzuführen, würde den Rahmen sprengen, das Thema ist einfach sehr komplex. Daher möchte ich es Ihnen mit der neunen Zahnpflege-Serie von SNOW PEARL möglichst einfach machen, optimal für die Zahngesundheit und Schönheit Ihrer Zähne zu sorgen.
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Ihre Lorenza Dahm